Nur Meer … die Seele baumeln lassen
„… nichts mehr sollen … nichts mehr wollen wollen … nur Meer. nur Meer.“
(Verse aus dem Gedicht Meer von Erich Fried)
Viele verbringen jetzt im August ihren Urlaub am Meer oder in den Bergen. Ich bin am Meer und muss sagen: Ein Sommer am Meer ist für mich etwas Besonderes. Vielleicht weil es sich so unheimlich gut anfühlt, wenn sich die Hitze der Sonne angenehm mit einem kühlen, salzigen Wind vom Meer auf meiner Haut mischt. Vielleicht aber auch, weil das Meeresrauschen und die Rufe der Möwen meine ganze Aufmerksamkeit binden und keinen Platz für ablenkende Gedanken lassen. Und weil ich gerne am Strand durchs Wasser laufe, so wie heute früh zum Beispiel. Der Sand unter meinen Füßen gibt nach, kleine flache Wellen umspielen meine Knöchel. Das Wasser ist kühl und erfrischend, ohne kalt zu sein. Sonne, Wind, Salzgeruch, Möwen.
Da ging es mir so, wie Erich Fried es in seinem Gedicht Meer beschreibt: Alles Sollen war weit weg. Ich wollte nichts mehr wollen. Nur Meer.
Seele baumeln lassen
Die Urlaubsmonate sind genau dazu da, sich so oder so ähnlich zu fühlen. Ob am Meer oder in den Bergen spielt keine Rolle, Hauptsache es gelingt, komplett abzuschalten und sich völlig zu entspannen. Ein ganzheitliches Naturerlebnis, das alle Sinne anspricht, vertreibt die Gedanken und entlastet nicht nur den Kopf, sondern die Psyche insgesamt. Freiheit von belastenden Gedanken. Raum für Weite, Ruhe, Gelassenheit. – Dieses Gefühl, dieses innere Erleben ist meiner Meinung nach mit der Redewendung „die Seele baumeln lassen“ gemeint.
Wann hatte Ihre Seele zuletzt Gelegenheit zum Baumeln? Erinnern Sie sich, wann Sie das letzte Mal ganz frei von Gedanken waren und ganz eins mit Ihrer Umgebung? Wie Sie sich frei und entlastet, entspannt und völlig gelassen gefühlt haben? Erinnern Sie sich? – Vielleicht gelingt es Ihnen jetzt sogar, einmal kurz die Augen zu schließen und sich innerlich wieder mit diesem Moment zu verbinden. Spüren Sie einfach hin!
Ehrfurcht
Diese innere Freiheit von belastenden Gedanken erzeugt eine angenehme Leere, die sich neu füllen darf. Raum. Weite. Naturkräfte. Universum. Ehrfurcht.
Vor kurzem habe ich gelesen, dass verschiedene wissenschaftliche Studien das Gefühl von Ehrfurcht und seine Wirkung auf den Menschen untersucht haben. Sie haben etwas beschrieben, das ich von meinem Erleben her bestätigen kann: Wenn wir uns öffnen für die Begegnung mit Dingen, die größer und weiter sind als wir selbst – was eine mögliche Beschreibung für das Gefühl von Ehrfurcht ist – , erfahren wir uns selbst als weniger wichtig und mehr als sinnvoll in einem größeren Ganzen. Was immer das dann für uns sein mag.
In diesem Sinne …
Ich wünsche Ihnen erfüllende Begegnungen mit Größe und Weite in diesen Sommertagen. Und dass Sie dabei Ihre Seele baumeln lassen können, nichts mehr sollen oder wollen müssen und einfach ehrfürchtig in Ihr Sein eintauchen. – Das klingt jetzt nach sooooooo viel, und kann sich doch auf so wenig reduzieren wie ein achtsames Ein- und Ausatmen am Meer.
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