Unsicher – sicher – zuversichtlich
“Es gibt keine Sicherheit, nur verschiedene Grade der Unsicherheit.”
Anton Pawlowitsch Tschechow (1860 – 1904, russischer Dramatiker)
Wie geht es Ihnen jetzt eigentlich, in Woche drei des nahezu weltweit staatlich verordneten Zuhausebleibens?
Arbeiten Sie gerade jetzt sehr viel mehr als sonst, bis zur Erschöpfung? Oder langweilen Sie sich zuhause? Oder fühlen Sie sich manchmal ziemlich überfordert von der Situation, wie sie ist? Oder gehören Sie zu denen, die aus der Not eine neue Tugend machen?
Ich kann für mich sagen, dass ich diesen Satz von Tschechow gerade jetzt sehr gut nachvollziehen kann. Es gibt keine Sicherheit. Das ist das einzige, das sicher ist. Bis vor kurzem haben wir uns sicher gefühlt, ja. Aber potenziell existieren immer Gefahren, es kann immer etwas schief gehen, etwas passieren, das unser Leben verändert. Potenziell sind wir immer unsicher. Oder immer in gewisser Weise auch sicher. Es kommt wohl auf den Standpunkt an.
Unsicherheit – Sicherheit
Wenn wir Kontrolle haben und aktiv etwas tun können, gibt uns das ein Gefühl von Selbstwirksamkeit und Sicherheit. Und genau das ist uns im Moment aus der Hand genommen. Wir können nichts tun, außer warten, zuhause bleiben, unseren Platz bestmöglich ausfüllen – und mit der Unsicherheit leben. Auch dann, wenn das einen sehr unangenehmen Gefühls-Cocktail verursacht: hilflos, verletzlich, ausgeliefert, angreifbar, zum Nichtstun verdammt. Diese Seite meldet sich jetzt bei vielen ziemlich spürbar und beängstigend zu Wort.
Wie können wir uns mit daraus entstehenden Ängsten arrangieren? Das beste Arrangement, das wir mit Angst bzw. Unsicherheit treffen können, ist: Wir erkennen sie an, lassen sie zu und geben ihr die Aufmerksamkeit, die sie braucht. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Wir schauen ihr ins Gesicht und sagen ihr: Ja, du darfst auch da sein und ich sehe die wichtige Nachricht, die du für mich hast. Aber wir lassen uns nicht von ihr bestimmen.
Angst und andere Helfer
Unsicherheit erzeugt Angst – eines der ursprünglichsten Gefühle des Menschen. Sie wird sofort mobilisiert, wenn wir Gefahr spüren. Der Blick ist auf das Unangenehme gerichtet, auf Dinge, die wir nicht haben wollen! Und solange wir wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen, lassen wir uns von der Angst lähmen. Doch mit ein wenig Abstand merken wir, wie auch andere Akteure auf den Plan gerufen werden, die sich ebenfalls mobilisieren, weil sie einen Ausgleich schaffen wollen: Allen voran der Mut, Hand in Hand mit Gegenwehr und Überlebenswillen.
Mut, Gegenwehr und Überlebenswillen geben uns viele Impulse und bringen weitere Helfer mit, wie z.B. Humor, Kreativität, Entschlossenheit, Cleverness, Verantwortungsgefühl, Kampfbereitschaft usw. Es liegt an uns, das alles einzusetzen. Es ist unsere Entscheidung, jetzt auf das zu schauen, was wir haben und nutzen können. So nehmen wir Angst und Unsicherheit ziemlich viel Wind aus den Segeln und wachsen wieder in ein Gefühl von mehr Sicherheit hinein.
Zuversicht
Noch nie habe ich erlebt, dass so viele mutmachende Ideen im Internet geteilt werden. Videos, Lieder, aufbauende Sprüche und Bilder, Witze (vor allem über Klopapier ;-)). Ein Video, das mich besonders berührt hat und das ich gerne mit Ihnen teilen will, ist dieses:
Der Wunsch nach Nähe wird jetzt stark spürbar, während wir gleichzeitig zur Distanz aufgerufen sind. Wir stärken einander durch solidarisches Verhalten, indem wir aufeinander achten und engagiert helfen, miteinander reden, uns gegenseitig Mut zusprechen, neue Ideen entwickeln. Und vielleicht spüren Sie, wie ich auch, jetzt noch stärker als sonst, was und wer Ihnen wichtig ist. Alles das zu sehen, macht mich zuversichtlich. Und dankbar.
Unabhängig vom Zuspruch und Verhalten anderer, sind wir auch selbst gefordert, mehr denn je für unsere sehr persönlichen Gefühle von Sicherheit und Zuversicht zu sorgen. Das kann niemand anderes für uns tun, da steht jede und jeder für sich selbst in der Verantwortung. Gerade jetzt ist es wichtig, auch für sich selbst zu sorgen und häufiger zu tun, was einen aufbaut und gut tut.
Für Wohlbefinden sorgen
Wie sorgen Sie für Ihr Wohlbefinden? Was machen Sie gerne? Was bringt Freude in Ihren Alltag? Wie stärken Sie sich in Krisenzeiten? – Je mehr Sie davon in Ihren Alltag einbauen, umso besser kommen Sie durch schwierige Zeiten. Meine Empfehlung ist: Planen Sie täglich dafür Zeit ein.
Mir persönlich helfen ein paar sehr gute Rituale. Zum Beispiel schreibe ich morgens meine Gedanken in mein Tagebuch und stelle mich ihnen; dazu gehören immer drei Dinge, für die ich dankbar bin. Ich überlege auch, was ich gerade heute zum Gelingen des Tages beitragen möchte. – Was ist mir wichtig? Was will ich tun, mit wem reden, worauf aufpassen? – Ich stimme mich positiv auf den Tag ein mit einer Affirmation.
Wenn es irgendwie geht, nehme ich mir auch Zeit für Yoga oder eine Morgenmeditation. Und am allerwichtigsten sind mir die vielen kleinen Momente der Achtsamkeit geworden, die ich über den Tag verteilt erlebe: z.B. nehme ich öfter einfach beim Tun bewusst wahr, wie sich das anfühlt, was ich gerade tue und wie es auf mich wirkt. Und täglich neu freue ich mich auf den Hundespaziergang, auf das Sonnenlicht, die kühle Luft, den Gesang der Vögel und auf das zarte Grün und so viele andere kleine Wunder der Natur. Das alles erfüllt mich und gibt mir Kraft.
In diesem Sinne: Machen Sie es gut und tun Sie das, was Ihnen Kraft und Zuversicht gibt. Jeder für sich und alle zusammen. Alles wird gut.
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