Dasitzen und vor sich hinschauen
„Und dann muss man ja auch noch Zeit haben,
einfach nur dazusitzen und vor uns hin zu schauen.“
(Astrid Lindgren)
Das Zitat von Astrid Lindgren spricht ein großes Bedürfnis an: Sich zu erlauben, einfach mal nichts zu tun, nur vor sich hin schauen. Nichts Bestimmtes sehen wollen, sondern einfach nur dasitzen und das wahrnehmen, was gerade ins Blickfeld kommt.
Vor sich in schauen.
Durchatmen.
Loslassen.
Ahhhhhh!
Haben Sie während des Lesens eine Wirkung bemerkt? Haben Sie vielleicht bemerkt, wie gut es tut, die Gedanken für einen Moment lang auszuschalten?
Freiheit
Für mich ist es die Freiheit im Kopf, die ich als wohltuend empfinde. Es fühlt sich an, als hätte ich einen Reset-Knopf gedrückt – zack – schon ist alles vergessen, was grade im Kopf war. Ich sehe nur vor mich hin. Das macht frei.
Was wichtig ist, kommt wieder, darauf dürfen wir vertrauen. Tatsache ist jedoch, dass oft viel zu viele unwichtige Gedanken den Geist blockieren und uns suggerieren, sie seien wichtig. Sie drängen sich uns einfach auf und drehen sich im Kreis. Da ist es, das berühmte Gedankenkarussell.
Belastende Gedanken
„Nein! Ihr seid jetzt nicht dran, ich mache jetzt eine Denkpause.“
Durch einen knappen, entschlossenen inneren Dialog lässt sich die Gedankenflut anhalten. Ganz bewusst entscheiden wir uns, den Gedanken nicht weiter zu folgen. Wir entscheiden uns, keine Probleme zu lösen, keine inneren Vorwürfe zu hören, nicht an das zu denken, was man alles noch müsste. Wir atmen aus, lassen Druck ab und schieben innerlich auch mal den erhobenen Zeigefinger beiseite. Wir machen uns bewusst, dass Dasitzen und Vor-sich-hinschauen nicht heißt, faul zu sein, sondern ganz effektiv für sich selbst zu sorgen.
Widersprüchlich
Ist es widersprüchlich, dass wir uns solche Momente viel zu wenig gönnen? Wir wissen doch, dass Denkpausen hohen Erholungswert besitzen: Der Kopf ist danach klarer, wir kehren mit frischem Geist und einem neuen Blickwinkel zu unseren Aufgaben zurück, manches hat sich einfach in Luft aufgelöst. Und außerdem fühlen wir uns nach der Pause wieder gelassen und kraftvoll. Warum also tun wir es nicht öfter?
Ich denke, wir tun es nicht, weil wir häufig unbewusst durchs Leben stolpern. Wir machen uns die Zusammenhänge zwischen Erholung und Leistungsfähigkeit nicht genug bewusst. Häufig lassen wir uns von dem treiben, was gerade ansteht. Wir müssen Dinge erledigen, sollten schneller sein, könnten mehr tun … Und selbst wenn wir gerade mal nichts tun, dann schaffen es die Gedanken an das, was wir tun müssten, sollten oder könnten, uns unter Druck zu setzen und Stress auszulösen. So kann es sein, dass wir Pausen noch nicht einmal genießen.
Zeit haben ist keine Frage von Zeit
Zeit haben zum Dasitzen oder Zeit haben zum Nichtsdenken ist gar nicht eine Frage von Zeit. Es ist vielmehr eine Frage von Bewusstheit. Bevor wir uns nämlich die Zeit nehmen können, müssen wir zuerst bemerken, wie wir unter Druck geraten, dass wir uns zum Beispiel im Gedankenkarussell drehen oder uns selbst antreiben. Es ist eine Frage von Achtsamkeit.
Achtsam zu sein, ist eine bewusste Entscheidung. Ich entscheide mich, meine Gedanken wahrzunehmen, meine inneren Dialoge zu beobachten und zu bemerken, wann sie mich belasten. Ich erlaube mir zu spüren, wo ich an Grenzen komme und reagiere dann. Wenn negative Gefühle und Stimmungen die Oberhand gewinnen, weiß ich, es ist an der Zeit, dem entgegenzuwirken.
Ab heute lasse ich mein Glück zu!
Allen, die gerne mehr darüber wissen möchten, lege ich jetzt an dieser Stelle einfach mal mein Buch „Ab heute lasse ich mein Glück zu“! ans Herz. Es geht mir um genau diese Bewusstheit, die mit der Wahrnehmung negativer Gedankenspiralen zusammenhängt. Es geht mir darum, negative Gedanken zuverlässiger erkennen zu können, sie anzuhalten und ihnen etwas Positives entgegenzusetzen. Und es geht schließlich auch darum, sich nicht unbewusst treiben zu lassen, sondern proaktiv für lebensbejahende, positive innere Dialoge selbst Verantwortung zu übernehmen.
Vor sich hin schauen
Astrid Lindgren hat mit einfachen Worten eine grundlegende Achtsamkeitsübung beschrieben: Vor sich hin schauen und einfach nur wahrnehmen, was gerade ist. Natürlich tun wir dabei trotzdem etwas. Wir halten oder verändern unseren Fokus, wir machen unseren Blick weich oder stellen ihn weit. Wir nehmen wahr, ohne etwas zu bewerten und nehmen an, was wir sehen und spüren. Wir konstatieren lediglich und folgen nicht dem Gedanken, jetzt etwas verändern zu wollen. Wir atmen.
Ich hoffe, dass Sie sich auf diese erholsame und entspannende Übung für den Geist einlassen können und sich ab sofort öfter mal diese oder ähnliche Achtsamkeits-Auszeiten gönnen.
Ganz in diesem Sinne wünsche ich uns allen, dass wir weiterhin immer schön achtsam bleiben – einfach nur dasitzen und vor uns hin schauen. HERRLICH!
Liebe Frau Quirmbach,
Eine wichtige Erinnerung, auch einfach mal „abzuschalten“. Genau wie Maschinen (von denen man behauptet, sie seien leistungsfähiger als der Mensch) abgeschalten werden müssen, damit sie nicht überhitzen, müssen auch wir uns hin und wieder abschalten. Und wie Sie schön schreiben, es ist nur eine Frage von Achtsamkeit – Achtsamkeit sich selbst gegenüber.
Liebe Grüße
René Klampfer