Der beste Weg – mit dem Herzen sehen
Schon einen Monat ist es alt , das Jahr 2015, und ich hoffe und wünsche mir, dass Sie das neue Jahr energievoll begonnen haben und ihm mit offenen Armen und Augen begegnen – immer erinnernd: Man sieht nur mit dem Herzen gut, wie der kleine Prinz sagte.
Obwohl – wir alle wissen, Sie und ich und jeder andere auch: Die überwiegende Zeit im täglichen Leben schauen wir nicht nur mit dem Herzen.
Das Leben fordert noch andere Sehqualitäten von uns: den Blick auf gute Organisation, Zeit im Auge haben, Problemlösungsbrille aufsetzen, alle Aufgaben beim Jonglieren damit im Blick behalten, nichts Wichtiges aus den Augen verlieren. „Zu Leben heißt zu kämpfen“, sagt der alte Philosoph Seneca. Er muss es ja wissen.
Leben heißt kämpfen
Muss er? Wahrscheinlich spricht er von einer Lebenserfahrung, die auch wir alle kennen. Ständig führen wir innerlich Kämpfe gegen uns selbst. Wir wollen ja mit dem Herzen sehen! Aber dann kriecht da doch ein Ärger hoch und Missstimmung gegen andere. Gegen das, wie sie etwas sagen oder nicht sagen; gegen das, was sie glauben oder (mir) nicht glauben wollen; gegen ihre Art, mit mir umzugehen und die mich verletzt; gegen ihre Art, sich vor- oder auf-zudrängen und mich im Regen stehen zu lassen; gegen ihr unmögliche Art, Auto zu fahren; gegen ihre ungeliebten Gewohnheiten, das Licht nicht auszumachen, ihr Zimmer nicht aufzuräumen, überhaupt immer zu langsam und gründlich (oder zu drängelnd und oberflächlich) zu sein. Es gibt 1000 Gründe. Ein unermüdlicher innerlicher Kampf, Ärger nicht nur über andere, sondern vor allem über uns selbst.
Bemerken, was ist
Zu kämpfen ist anstrengend und ermüdend. So macht das Leben nicht wirklich Spaß, denn eigentlich will doch jeder einfach nur seinen Frieden und reichlich Freude im Leben. Also: Weg mit dem Ärger! Er soll nicht mehr da sein, wir brauchen ihn nicht!
Eine Teilnehmerin des Experimentes mit Affirmationen hatte auch mit Ärger zu kämpfen. Mit einer Affirmation wollte sie das in Balance bringen, aber je mehr sie sich sagte: „Ich bin ruhig und gelassen.“, umso mehr spürte sie den Ärger in sich hochkochen.
Man sieht: Schwarz durch weiß ersetzen geht so nicht! Du kannst nicht einfach etwas Positives sagen und glauben, die negativen Gedanken und Gefühle gingen dann einfach von alleine. So funktioniert das nicht. Was du bekämpfst, dem gibst du Energie.
Der Weg aus dieser Falle des inneren Kampfes zwischen schwarz (Ärger) und weiß (Ruhe und Gelassenheit) hat drei Stufen: den Ärger bemerken, ihn anerkennen, die Situation und sich selbst mit allen Gefühlen akzeptieren. Damit ist eine Grundlage für Veränderungen geschaffen, wie immer die dann aussehen werden.
Anerkennen
Wenn der Ärger einmal da ist und ich ihn bemerke, kann ich sagen: „OK, da bist du wieder. Es ist in Ordnung dass ich mich ärgere, ich verstehe das“ – an dieser Stelle kann ich nach meinen Gründen suchen. Zum Beispiel könnte Ursache für den Ärger sein, dass ich gerade sehr nervös bin; andere partout nicht hinzulernen wollen; ich mich aus Gewohnheit ärgere; ich trotz des Ärgers, eine Fassade wahren muss; ich mich schlecht beherrschen kann, wenn ich mich ärgere; ich die Situation nicht besser im Griff habe; der Ärger mir den Tag verdirbt und und und.
Was immer die Gefühle dahinter sein mögen, sie sind da und irgendwie berechtigt. Sie zu verleugnen, erhöht den inneren Druck und verursacht richtig Stress für den Organismus. Der Weg heraus ist: anzuerkennen, was ich fühle!
Akzeptieren
Nachdem ich meinen Ärger bemerke, mache ich mir klar: Ok, er ist nun mal da. Und jetzt? Ich erkenne das Gefühl an. Ich kenne es ja schon, es gehört eben auch zu mir. Irgendwie fühlt es sich ja sogar belebend an, diese Energie des Ärgers zu spüren, die mir signalisiert: Hier läuft etwas anders, als ich das haben will! Das ist die tiefere Wahrheit hinter dem Gefühl.
Habe ich das dann endlich verstanden, kann ich die Gefühlsebene verlassen und mich auf der Verstandesebene fragen, ob ich vielleicht mal darüber nachdenken möchte zu ändern, was in dieser Situation den Ärger in mir ausgelöst hat. Wenn ich mich darauf einlasse, kann ich herausfinden, ob es die Situation ist, die verändert werden muss, ob ich es bin, die sich verändern könnte, oder ich eventuell Beziehungen verändern müsste – beim genaueren Hinsehen versehe ich meist den Grund hinter der tieferen Wahrheit des Gefühls.
Sich anderen zu-muten
Wenn wir so gesehen und geliebt werden wollen, wie wir sind, dann müssen wir auch den Mut haben, uns so zu zeigen, wie wir sind. Ich finde, jeder ist es sich selbst schuldig, seine Persönlichkeit zu entfalten und sein Leben so zu leben, dass er oder sie glücklich ist. Das erfordert auch den Mut, sich anderen Menschen mit seinem Ärger, seinen Ängsten, eigenen Erwartungen ans Leben und mit seiner ganzen Persönlichkeit zuzu-mut-en. Die werden schon damit umgehen können, auch das dürfen wir ihnen zutrauen! Den anderen etwas zumuten und ihnen etwas zutrauen hat vor allem mit Vertrauen zu tun.
Mit diesem Gedanken lasse ich Sie jetzt gehen. In den Februar, in die Fastnacht, in die Fastenzeit. Vielleicht nehmen Sie sich mit, dass negative Gedanken da sein dürfen und dass Sie dennoch die Freiheit haben, etwas anderes aus ihnen zu machen. Etwas, das sich einfach besser anfühlt und Ihr Leben dann auch zum Besseren verändern kann.
Jetzt aber: Alaaf, Helau, Ahoi oder was auch immer! Haben Sie lustige närrische Tage – und wenn Sie sich ärgern sollten, erkennen Sie Ihre Gefühle einfach an, sehen Sie auch den Ärger mit dem Herzen und fühlen Sie sich lockerer.
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